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Max Stirner

Lexikalischer Kurzabriss

 

Max Stirner (1806-56) studierte Philosophie u.a. in Berlin u.a. bei Hegel und Schleiermacher. Stirner kritisiert an der christlichen Philosophie, etwa an Luther, aber auch an Descartes, Hegel usw. den Dualismus zwischen Geist und Welt und die daraus folgende Tendenz, vom individuellen, natürlichen, sinnlichen Menschen abzusehen, indem man den Mensch in einen geistigen und einen sinnlichen Menschen spaltet, wobei der erstere zuungunsten des letzteren überbewertet werde. An Feuerbach kritisiert er in ähnlichen Sinne die Spaltung des Menschen in ein wesentliches und ein unwesentliches Ich.

   Stirner behauptet demgegenüber die Priorität des konkreten und unmittelbar evidenten individuellen Ichs, das an sich selbst interessiere und um dessen Wirklichkeit und Intention es vor allem anderen gehen müsse.

   Wer ehrlich zu sich selbst ist, sieht ohnehin ein, dass er meistens für sich selbst handelt, welche selbstlosen Ziele er sich auch vorzeichnen mag –  er gesteht es sich nur nicht ein.

   Auch die selbstlosesten Ideale gehören zu dem, was das individuelle Ich aus sich heraus will, sind also Ergebnisse seines „egoistischen“ Willens. Man könnte gar von einem „egoistischen Altruismus“ sprechen oder besser noch: von einem „altruistischen Egoismus“.

  

Für die Ethik folgt daraus, dass dem Ich keine äusseren moralischen Massregeln aufgedrängt werden sollen, da jedes Ich genau das ganz sein und werden will, was es selbst ist.

Stirner kann zu den Junghegelianern gezählt werden. Der Junghegelianismus umfasste etwa die Jahre 1840 bis 1845. Seine wichtigsten Vertreter waren Ludwig Feuerbach, Bruno Bauer, Edgar Bauer, Arnold Ruge, Karl Marx, Friedrich Engels und Max Stirner. Sie sahen sich vor dem Problem der Weiterführung der Philosophie nach dem Giganten Hegel, der sie doch vollendet habe.

   Sie legten im Gegensatz zu den Althegelianern und Rechtshegelianern das Gewicht auf das revolutionäre Potential der Philosophie Hegels. Dies in einem Masse, dass sie die entsprechenden Folgen bis in ihre materiellen Lebensumstände hinein zu tragen hatten:

 „Viele der Junghegelianer hatten eine Universitätslaufbahn angestrebt und sie sich durch ihre radikalen Ansichten unmöglich gemacht. So wurden sie Literaten, freischwebende Intellektuelle ohne gesellschaftlichen Ort und ohne Rückhalt in der Gesellschaft. Wohl nicht zuletzt deshalb setzten sie auf die Geschichtsmächtigkeit der Gedanken und erlagen der Verlockung, die Theorie schon für die Praxis selbst anzusehen. Sie alle aber sind mit ihrer Existenz für ihr Denken eingestanden: Für Feuerbach bedeutete das Einsamkeit, für Ruge, Marx und Engels Exil, für Edgar Bauer Festungshaft, für Bruno Bauer und Max Stirner materielles Elend.“[1]

Ludwig Feuerbach und Bruno Bauer

Für Stirner wichtige Denker und von ihm meistzitierten Autoren waren Feuerbach und Bruno Bauer; entscheidend als Anreger und Gegner, von denen Stirner sich abzusetzen sucht, indem er sie überbietet.

Feuerbach betrachtete Gott als eine vom Menschen geschaf-fene Vorstellung, in die er seine eigenen Vollkommenheits-sehnsüchte projiziert. In Wirklichkeit sei der Mensch selbst das wahrhaft heilige und heilig zu haltende. Während Feuerbach den Menschen heiligte, legte Stirner das Gewicht auf den konkreten, einzelnen, individuellen Menschen, bzw. den „Eigner“, das individuelle Ich.

  

   Bauer entwickelte eine Theorie der „reinen Kritik“, die sich von allem religiösen, politischen oder sozialen Dogmatismus frei zu halten habe. Philosophie verwirklicht sich als Kritik, durch welche die Dinge begriffen werden, indem man sie dadurch besiegt, überwindet, auflöst. An Marx kritisiert er, er habe die Kritik versteinern lassen indem er sie an einem bestimmten Punkt abgebrochen habe und zu einem neuen Dogmatismus übergegangen sei, um sich mit diesem der Masse zuzuwenden.

   Die Masse lehnte Bauer als eine der Tätigkeit des einsamen Philosophen feindliche Macht ab. Die Masse sei der Feindschaft gegen den Geist verfallen und jeder Kompromiss mit ihr zwinge den Philosophen zur Verleugnung seiner kritischen Theorie. Die Bauersche Verachtung der Masse hat sich Stirner nicht zu eigen gemacht, ebensowenig die einseitige Fixierung auf das Kritisieren.[2]  

 

 

Der Einzige und sein Eigentum

 

Stirners Hauptwerk „Der Einzige und sein Eigentum“ gehört zu den radikalsten Texten der philosophischen Literatur, von der es sich durch seinen eigenwilligen Stil, aber auch durch seinen radikalen Inhalt abhebt. Stirner versichert, keineswegs „am Schnürchen“ gehen zu wollen und erklärt sogar, dass es nicht seine Absicht sei, der „Wahrheit“ einen Dienst zu leisten, sondern er schreibe dieses „böse Buch“ nur, weil er seinen Gedanken ein Dasein in der Welt verschaffen wolle:

 

„Macht damit, was ihr wollt und könnt, das ist eure Sache und kümmert Mich nicht. (…) Ich singe, weil – Ich ein Sänger bin.“[3] 

 

   Stirners Buch wurde, was nicht anders zu erwarten war, von Philosophen wie Engels und Marx aufgrund seiner Systemlosigkeit in Grund und Boden kritisiert. Stirner war kein Systematiker und wollte es auch nicht sein. Damit reiht er sich in Philosophen wie Kierkegaard oder Nietzsche ein, deren letzterer den Willen zum System sogar als Mangel an Rechtschaffenheit bezeichnete.    

   Das Buch gliedert sich in eine „Erste Abteilung. Der Mensch“  und eine „Zweite Abteilung. Ich“ , wobei in diesem Thesenpapier, neben dem Vorwort „Ich hab´ mein Sach´ auf nichts gestellt“, in erster Linie die zweite Abteilung interessiert, da hier der eigentliche Ansatz Stirners dargestellt wird und sein zentrales Thema, das Ich, auf das letztlich alles hinausläuft, Gegenstand der Betrachtung ist.   

 

 

[1] W. Korfmacher, Stirner denken, 2001 Leipzig. S.17. 

[2] W. Korfmacher, Stirner denken, 2001 Leipzig. S.17.

[3] Stirner, Der Einzige und sein Eigentum, 1972 Stuttgart.

„Pfui über den Egoisten“ Mit dieser Formel werden auch heute noch gewisse, aus der Reihe tanzende Individualisten zur Raison gerufen, sich gefälligst einzugliedern in das System der Herrschenden, um ihm altruistisch zu dienen. Max Stirner empört sich gegen diese „Moral“ und setzt ihr die „Unmoral“ seines Egoismus entgegen. Er verlacht das Gehabe der Anmassung sich gegenseitig ernennender Autoritäten, widersetzt sich den Bevormundungen der Unfehl-baren aller Genres und findet:  sich selbst. Ich selbst bin die letzte Instanz, die über „gut“ und „böse“ entscheidet. Ich selbst mein eigener, päpstlicher Wissender, der das Wahre vom Falschen, die Spreu vom Weizen trennt. Ich bin es selbst, dieses Selbst.  

„Mir geht nichts über Mich!“ 

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