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Freie  Akademie

„…indem wir jedoch die Form der Belehrung nicht als einen Zwang zum Lernen einrichten. – Warum nicht? – Weil, sprach ich, kein Freier irgendeine Kenntnis auf knechtische Art lernen muss. Denn … in der Seele ist keine erzwungene Kenntnis bleibend.“

                                                  Platon          

 

Die Schule von Athen von Raffaello Santi (1483-1520), die wohl schönste Verbildlichung freiheitlichen Akademielebens. Wilhelm von Humboldt scheint seine Universitätsideen aus diesem Bild gleichsam herausgeschrieben zu haben. Fast alle von ihm genannten Universitätsideale sind darin verbildlicht:

Die freilassende Atmosphäre der „Einsamkeit und Freiheit"; das weder pädagogisierende noch verschul-te, sondern auf freiem Interesse beruhende Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler; die Hingabe an die „reine Idee der Wissenschaft“ ohne störende Bevor-mundung Dritter; das schöpferische Prinzip; das un-gezwungene Zusammenwirken der Menschen. - Mit einem Wort: Freies Geistesleben. 

„Eine Freie Akademie ist eine staatsunabhängige Hochschule, und – das muss man jetzt ganz scharf ins Auge fassen – unter Freiheit wird hier verstanden, eine von staatlicher Manipulation, von staatlichem Hineinreden, von staatlicher Steuerung unabhängige Hochschule. Weiterhin eine von wirtschaftlicher Bevormundung oder von wirtschaftlichen Interessen unabhängige Freie Hochschule als ein Arbeitskollektiv unabhängiger, freier Menschen im kulturellen Bereich.“                                                                           Joseph Beuys 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Joseph Beuys, damals Kunstprofessor in Düsseldorf, wurde mit Polizeieinsatz aus der Universität abgeführt. Grund: er hatte, entgegen der Studienordnung, eine grosse Anzahl Studierende (zum Teil ohne Abitur) aufgenommen und aus Protest gegen deren Abweisung das Studentensekretariat besetzt. Der Bildungsminister Johannes Rau kündigte ihm daraufhin fristlos. In einem offenen Brief forderten Künstlerkollegen die Wiedereinsetzung von Beuys, darunter Heinrich Böll, Peter Handke, Martin Walser, Gerhard Richter, Uwe Johnson, David Hockney, Günther Uecker. Nach längerem Rechtsstreit wurde Beuys gestattet, ein Atelier in der Universität zu behalten. Am 1. November 1980 eröffnete Beuys dort die Geschäftsstelle der "Free International University" (FIU), die nach seinem Tod aufgelöst wurde.    

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       Aus einer Denkschrift Wilhelm von Humboldts:

"Der Begriff der höheren wissenschaftlichen Anstalten, als des Gipfels, in dem alles, was unmittelbar für die moralische Cultur der Nation geschieht, zusammenkommt, beruht darauf, dass dieselben bestimmt sind, die Wissenschaft im tiefsten und weitesten Sinne des Wortes zu bearbeiten, und als einen nicht absichtlich, aber von selbst zweckmässig vorbereiteten Stoff der geistigen und sittlichen Bildung zu seiner Benutzung hinzugeben.

   Ihr Wesen besteht daher darin, innerlich die objective Wissenschaft mit der subjectiven Bildung, äusserlich den vollendeten Schulunterricht mit dem beginnenden Studium unter eigener Leitung zu verknüpfen, oder vielmehr den Uebergang von dem einem zum anderen zu bewirken. Allein der Hauptgesichtspunkt bleibt die Wissenschaft. Denn sowie diese rein dasteht, wird sie von selbst und im Ganzen, wenn auch einzelne Abschweifungen vorkommen, richtig ergriffen."

  

"Da diese Anstalten ihren Zweck indess nur erreichen können, wenn jede, soviel als immer möglich, der reinen Idee der Wissenschaft gegenübersteht, so sind Einsamkeit und Freiheit die in ihrem Kreise vorwaltenden Principien. Da aber auch das geistige Wirken in der Menschheit nur als Zusammenwirken gedeiht, und zwar nicht bloss, damit Einer ersetze, was dem Anderen mangelt, sondern damit die gelingende Thätigkeit des Einen den Anderen begeistere und Allen die allgemeine, ursprüngliche, in den Einzelnen nur einzeln oder abgeleitet hervorstrahlende Kraft sichtbar werde, so muss die innere Organisation dieser Anstalten ein ununterbrochenes, sich immer selbst wieder belebendes, aber ungezwungenes und absichtsloses Zusammenwirken hervorbringen und unterhalten."

  

"Es ist ferner eine Eigenthümlichkeit der höheren wissenschaftlichen Anstalten, dass sie die Wissenschaft immer als ein noch nicht ganz aufgelöstes Problem behandeln und daher immer im Forschen bleiben, da die Schule es nur mit fertigen und abgemachten Kenntnissen zu thun hat und lernt. Das Verhältniss zwischen Lehrer und Schüler wird daher durchaus ein anderes als vorher. Der erstere ist nicht für die letzteren, Beide sind für die Wissenschaft da; sein Geschäft hängt mit an ihrer Gegenwart und würde, ohne sie, nicht gleich glücklich von statten gehen; er würde, wenn sie sich nicht von selbst um ihn versammelten, sie aufsuchen, um seinem Ziele näher zu kommen durch die Verbindung der geübten, aber eben darum auch leichter einseitigen und schon weniger lebhaften Kraft mit der schwächeren und noch parteiloser nach allen Richtungen muthig hinstrebenden."

 

"Was man daher höhere wissenschaftliche Anstalten nennt, ist, von aller Form im Staate losgemacht, nichts Anderes als das geistige Leben der Menschen, die äussere Musse oder inneres Streben zur Wissenschaft und Forschung hinführt. Auch so würde Einer für sich grübeln und sammeln, ein anderer sich mit Männern gleichen Alters verbinden, ein Dritter einen Kreis von Jüngern um sich versammeln."

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